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Título del texto editado:
Vorrede des Uebersetzers
Autor del texto editado:
Dieze, Johann Andreas 1729-1785
Título de la obra:
Geschichte der Spanischen Dichtkunst
Autor de la obra:
Velazquez de Velasco, José Luis, Marqués de Valdeflores 1722-1772
Edición:
Göttingen: Victorinus Bossiefel, 1769


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Vorrede des Uebersetzers.


Bey den eifrigen und mannichfaltigen Bemühungen, die Kenntniß der ausländischen Literatur unter uns zu verbreiten, ist bisher die spanische noch sehr weniger, oder vielmehr gar keiner Aufmerksamkeit gewürdiget worden. Man lebt nicht allein in einer gänzlichen Unwissenheit derselben, man ist auch noch so gleichgültig, daß man sich nicht einmal die Mühe gibt, zu untersuchen, ob sie unsere Achtung verdiene, ja man ist wohl gar so ungerecht, sie ohne Prüfung schlechterdings zu verachten. Die Schwürigkeiten, gelehrte Nachrichten von den Spaniern zu erhalten, die Seltenheit ihrer Schriften unter uns, die bey uns ganz verloschene Kenntniß ihrer Sprache, doch mehr als alle diese Umstände, unsere Vorurtheile haben vieles beygetragen, daß die spanische Literatur gänzlich vernachläßiget wird. Man macht sich aus den Nachrichten partheyischer und unwissender Schriftsteller noch immer die seltsamsten und abentheuerlichsten Vorstellungen von den Sitten, dem Character, und dem Genie der Spanier, und pflanzet dergleichen elende Vorurtheile lieber fort, als daß man sich bemühte, sie zu bestreiten. Ich will hier nichts von den ungerechten Urtheilen gedenken, die man überhaupt in Ansehung der Gelehrsamkeit und Wissenschaften der Spanier fällen hört, wobey sich aber eben so viel Partheylichkeit, Stolz und Unwissenheit zeigt, als man dieser Nation vorzuwerfen pflegt. Hier will ich sie nur von der Seite ihrer Verdienste in einem der wichtigsten Theile der Literatur, nämlich in der Poesie, betrachten. Man darf nur einige Kenntniß der Geschichte der Literatur überhaupt haben, um zu wissen, daß die Spanier eben so frühzeitig, als die übrigen Völker in Europa, oder wohl noch eher, Dichter gehabt haben; es kann ferner keinem, der sich nur einigermassen in der Geschichte der Literatur umgesehen hat, unbekannt seyn, daß zu ewissen Zeiten, wo andere Völker gar keine Dichter, oder nur elende Reimer hatten, bey den Spaniern die größten dichterischen Genies sich hervorthaten; und kennt man gleich ihre Werke nicht selbst, so hat man doch ihre Namen hören müssen. Eben so weiß auch fast ein jeder, daß die Italiener, die Franzosen und Engländer, die spanischen Dichter genutzt, und sonderlich ihre Bühnen mit der Beute der Spanischenbereichert haben; selbst unsere Dichter des vorigen Jahrhunderts haben die Spanischen gekannt, und oft, aber nicht glücklich, nachgeahmt. Alle diese Umstände sollten wenigstens die Vermuthung geben, daß die spanischen Dichter müssen Verdienste gehabt haben, die die Ausländer veranlassen konnten, sie zu brauchen. Allein die Nachrichten, und die Begriffe, die uns unsere jetzigen Literatores von ihnen geben, sind so unvollkommen, so unrichtig, und so wenig vortheilhaft für die Spanier, daß es nicht zu bewundern ist, wenn man ihnen alles Verdienst abspricht, und es nicht der Mühe werth hält, sie zu studieren.

Ich würde mich für die Mühe und die Zeit, die ich seit vielen Jahren auf die spanische Literatur gewandt habe, sehr reichlich belohnt halten, wenn ich so glücklich wäre, die Ehre der spanischen Dichter zu retten, und vorheilhaftere Begriffe davon zu erwecken, und zugleich meinen Landsleuten ein neues und noch unbekanntes Feld der Literatur zu eröffnen, wo sie wichtige und unerwartete Entdeckungen machen können. Bey meinen Absichten, die Werke der spanischen Dichter bekannt zu machen, habe ich mit einer allgemeinen Geschichte der spanischen Dichtkunst, welche den Ursprung, Fortgang, und die Veränderungen derselben in einer un unterbrochenen Folge, und in dem weitesten Umfange darstellte, anzufangen für dienlich gehalten. Da ich in dem Werke, das ich itzt vorlege, die Eigenschaften einer solchen Geschichte fand, habe ich mich entschlossen, es zu übersetzen, und weiter zu erläutern. Der Verfasser desselben, Don Luis Joseph Velazquez, Ritter des Ordens von Santiago, Mitglied der königl. spanischen Academie der Geschichte, desgleichen der Academie der schönen Wissenschaften und Aufschriften zu Paris c., hat es unter dem Titel: Origenes de la Poesia Castellana, zu Malaga, bey Franz Martinez de Aguilar, 1754. in Quart herausgegeben. Eine umständliche Recension dieses Werks in dem Journal etranger, vom Jahr 1755., (welche auch im Hamburgischen Magazin, und in dem Neuesten aus der anmuthigen Gelehrsamkeit in beyden aber sehr elend übersetzt ist), hätte es wenigstens dem Namen nach bekannter machen sollen. Don Luis Velazaquez, ein Mann, der sehr viel Gelehrsamkeit und Geschmack besitzt, und durch gelehrte Reisen seine Kenntnisse erweitert hat, hat sich durch einige andere Werke bey seiner Nation grossen Ruhm erworben. Er ist es, der ein Ensayo sobre los Alphabetos de las Letras desconocidas, Madrid 1752., ferner die Anales de la Nacion Española desde el tiempo mas remoto hasta la entrada de los Romanos, zu Malaga 1759., und endlich Congeturas sobre las Medallas de los Reyes Godos y Suevos de España, ebend. 1759. 4. ans Licht gestellt hat. In dem Werke, das ich hier übersetzt liefere, hat er nur einen kurzen Abriß von der Geschichte der Poesie seiner Nation entwerfen wollen. Er fängt mit den ältesten Zeiten an, und geht durch alle folgende Zeitalter, bis auf das gegenwärtige; er nennt die vornehmsten Dichter; er beurtheilt ihre Versdienste, und geht endlich auch die spanische Poesie nach ihren verschiedenen Dichtungsarten durch. Man kan ihn keiner Partheylichkeit für seine Landsleute beschuldigen, er gesteht ihre Fehler, und ist oft aus einem Eifer, alles nach der claßischen Regelmäßigkeit zu beurtheilen, zu streng, ja wohl ungerecht gegen sie. Umständliche Nachrichten von dem Leben und Schriften der Dichter selbst, giebt er nicht, er begnügt sich, sie blos zu nennen, und hat sein Werk nur zu einem Entwurfe einer Geschichte der Poesie der Spanier, dergleichen sie selbst noch keine vollständige hatten, bestimmt. Er hat auch keine Vorrede, sondern nur eine kurze Zuschrift an den Herzog von Huescar vorgesetzt, die ich, weil sie nichts wichtiges enthält, unübersetzt gelassen habe.

Eine blose Uebersetzung eines so kurzen Entwurfs einer Geschichte der spanischen Poesie, ohne Erläuterungen und Anmerkungen, würde, bey den wenigen Nachrichten, die man sonst von der spanischen Literatur hat, zu Erreichung meines Endzwecks nicht hinreichend gewesen seyn. Ich mußte also diese Erläuterungen selbst hinzufügen, und eine Arbeit übernehmen, die mit unermeßlichen Schwürigkeiten verbunden war, und bey der ich mir bey jedem Schritte die Bahn selbst brechen mußte, weil mir Niemand vorgearbeitet hatte. Die Hauptquelle der spanischen gelehrten Geschichte überhaupt, sind bey uns die beyden Werke des D. Nic. Antonio, nämlich seine Bibliotheca Hispana vetus und nova. Der innere Werth dieser Werke ist der grossen Seltenheit derselben nicht gleich, und man hat sich bisher nur aus Mangel eines besfern damit behelfen müssen. Alle Namen der Schriftsteller, und die meisten Titel ihrer Werke sind lateinisch, und öfters ohne Jahrzahl und ohne Druckort angeführt; bey den wenigsten ist das Geburts- und Sterbejahr angezeigt; die Nachrichten sind unvollkommen; viele beträchtliche Dichter fehlen ganz darinnen. Antonio war ein grosser Gelehrter und Literator, aber nicht allezeit ein einsichtsvoller Kenner der Poesie, daher sind verschiedene seiner Urtheile ganz unrichtig. Die Nachrichten und Materialien, diese Geschichte der spanischen Poesie zu erläutern, und zu ergänzen, mußten also aus einer Menge von Büchern zusammengelesen werden. Es ist ein ausserordentliches Glück für mich gewesen, mit allen zu diesem Unternehmen nöthigen Hülfsmitteln versehen zu seyn. Seit der Zeit, daß ich mich mit der spanischen Literatur beschäftige, habe ich mich bemühet, alle hierzu gehörigen Werke, so viel als bey der grossen Seltenheit derselben möglich ist, zu sammlen, und ich bin so glücklich gewesen, eine beträchtliche Anzahl, sonderlich von Dichtern, zusammen zu bringen. Eine grosse Hülfe leistete mir hierinnen auch die hiesige Universitätsbibliothek, welche bey der unermüdeten Vorsorge unsers grossen Beschützers der Musen, durch den reichsten und stets wachsenden Vorrath von Bürchern, nicht allein in allen Theilen der Gelehrsamkeit, sondern auch der schönen Literatur, sich fast über alle bekannte Bibliotheken erheben kann. Ich liefere also keine blos aus Bücherverzeichnissen, oder unächten Quellen, zusammengerafte Compilation. Es sind nur wenige und sehr unbeträchtliche Werke, die ich nicht selbst vor mir gehabt hätte. Ich habe die Dichter selbst von neuem gelesen und sorgfältig studirt. Andere Werke, und darunter viele Historische, wo ich Nachrichten zu finden hoffte, habe ich gebraucht, und zu Rathe gezogen. Man findet hier die Leben aller Dichter, die Velazquez anführt; viele darunter sind hier zum erstenmale beschrieben; viele von ihm übergangene Dichter habe ich hinzugefügt. Oft habe ich ihn, wenn er zu hart von einigen seiner Landsleute urtheilte, widerlegt. Die Nachrichten von der arabischen, limosinischen, portugiesischen, gallicischen und biscayischen Poesie sind aus den Quellen selbst gezogen, und für Deutschland noch ganz neu. Alle Titel sind mit der größten Genauigkeit angegeben, um auch den blosen Literatoren bey der Seltenheit der spanischen Bücher, Nachrichten, die ihnen nützlich und angenehm seyn können, zu geben. Die Trockenheit der literarischen Nachrichten ist auch durch kurze Beurtheilungen des Genies und des Characters der Dichter, und andere interessante Anmerkungen, so viel möglich, gemildert worden. Die Schwürigkeiten bey dieser Arbeit, werden auch die verzögerte Ausgabe dieses Werks rechtfertigen, welches von meinem Verleger ohne mein Vorwissen in dem Meßcatalogo war angekündiget worden. Ausführliche und mehr detaillirte Critiken und Proben aus den spanischen Dichtern zu liefern, ist nicht die Absicht dieser Geschichte. Sie ist die Vorbereitung und Einleitung zu einem andern Werke, in welchem ich aus den Schriften der in dieser Geschichte angeführten Dichter, von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten, die schönsten Stellen in der Ursprache, nebst einer Uebersezung und mit critischen Anmerkungen über ihre Verdienste, meinen Landsleuten vorlegen werde. Der erste Band, der die ältesten Dichter aus dem Cancionero general, nebst einigen andern, enthält, wird in kurzer Zeit ans Licht treten. Da bis jetzt noch kein einziger von den würklich grossen Dichtern der Spanier ins Deutsche ist übersetzt worden, ist man noch immer mit Vorurtheilen gegen sie eingenommen geblieben. Möchte ich doch so glücklich seyn, meinen Landsleuten diese Vorurtheile zu benehmen, und sie überzeugen zu können, daß die spanische Sprache eine grössere Vollkommenheit hat, als einige vorgeben, und daß der Werth der spanischen Poesie in etwas mehr, als nur in einer Reihe von prächtig rauschenden und leeren Worten besteht. Göttingen, den 26. September 1768.

D.






GRUPO PASO (HUM-241)

FFI2014-54367-C2-1-R FFI2014-54367-C2-2-R

2018M Luisa Díez, Paloma Centenera